Energiesparen wird für deutsche Bauherren immer wichtiger – viele rüsten daher auf digitale LED-Leuchten um. Doch eine einfachere und günstigere Lösung ist Sonnenlicht-Architektur
Alle reden von LED. Klein, effizient und flexibel gelten die Lichtpunkte derzeit als Wundermittel unter den Leuchtmitteln. Endlich, so jubeln Fachleute, sind nicht nur farbige Leuchtdioden möglich, wie man sie schon lange von Stereoanlagen, Computern und Weihnachtsbeleuchtung kennt. Heute sind weiße LED marktreif, und zwar in allen Varianten, die der Konsument begehrt: von warmweiß bis tageslichtweiß, für Anwendungen von der Bürobeleuchtung bis zum häuslichen Bereich. Die Dioden stehen für ein Lichtspektrum, in dem man besonders gut arbeiten kann und für ein Licht, das mangels UV-Anteil Objekte weder ausbleicht noch erwärmt. LED stehen weiterhin für Leuchten, die sich gut dimmen lassen und mit denen man unterschiedliche Lichtstimmungen modulieren kann. Wegen all dieser Vorteile werden die LED nach Auffassung vieler Fachleute nicht nur die Glühbirne ablösen sondern auch Leuchtstoffröhren, Halogenleuchten, Quecksilberdampflampen und die eben noch neu gewesenen Energiesparlampen. „Wir sind soweit“, sagt Bernd Glaser vom Lampenhersteller Philips, „dass wir die konventionellen Leuchten weitgehend durch LED ablösen können“. Eine 12 W LED, rechnet er vor, ersetzt eine übliche 60 W Glühbirne, verbraucht also nur ein Fünftel der Energie, ein starkes Argument für energiebewusste Bauherren und Mieter. Unter den heute gegebenen Umständen, so die Lichtfirma Siteco, verursacht Beleuchtung noch mehr als ein Viertel des Energieverbrauchs in einem Gebäude.
Doch wie so viele vermeintliche Vorteilsprogramme hat auch die LED einen Haken: um sparen zu können muss man erst einmal investieren: LED sind vergleichsweise teuer. „Aber“, verrät Bernd Glaser, „wir die Preise im letzten Jahr halbiert und dieses Jahr noch mal vermindert. Deshalb können wir eine 12 W LED Lampe nun für 20 Euro anbieten“. Ob die jedoch eine ausreichende Qualität mitbringt, bezweifelt die Hamburger Lichtplanerin Ulrike Brandi. „Eine gute LED Lampe kostet sechzig bis siebzig Euro“, sagt sie. Eine Amortisation der Anschaffungskosten gegenüber den viel billigeren Glühbirnen oder anderen Leuchtmitteln dauert damit Jahre bis Jahrzehnte, was auch die Experten von Philips einräumen. „Ihre ganze Qualität entfaltet die LED erst in Zusammenhang mit der Steuerung“, sagt deshalb Bernd Glaser. Weil das Licht darin digital erzeugt wird ist, ist es geschmeidig regelbar wie die Farbskalierungen auf einem Computerbildschirm. „Wir haben eine Leuchte im Angebot“, erzählt Bernd Glaser, „die kann man mit einer Fernbedienung über ein Farbrad steuern – und unter 16 Millionen Farben auswählen“ – von Zahnarztweiß bis Bordellrot mit einem Finger-Wisch. Kombiniert mit Tageslichtsensoren kann man solche Steuerungen auch automatisieren und zum Beispiel Kunstlicht im Büro nahtlos im Verhältnis zum Tageslicht regeln.
Womit man beim Lieblingsthema von Ulrike Brandi ist. Für die Designerin, die als First Lady des Lichts in Deutschland gilt und Projekte von Saudi-Arabien bis China managt, ist das Tageslicht mit all seinen Stimmungen der Ausgangspunkt aller Lichtplanungen. „Man kann es zum Beispiel mit geteilten Jalousien sehr genau steuern“, berichtet sie. Im unteren Bereich, vor den Arbeitsplätzen, blenden solche Systeme direktes Licht aus. Im oberen Drittel haben sie einen anderen Anstellwinkel und leiten es an die Decke, von wo es in angenehmer Weise reflektiert. Der Tageslichteintrag wird auf diese Weise optimiert, die Lampen müssen viel später eingeschaltet werden, laufende Energiekosten für Tageslicht: Null. In ähnlicher Weise funktionieren Prismensysteme, die zwischen Fensterscheiben installiert werden können. In südlichen Ländern, erklärt Ulrike Brandi, können auch Heliostaten sinnvoll sein. Die Spiegel, die der Sonne nachgeführt werden, leiten natürliches Licht zielgerichtet in Atrien oder Eingangshallen.
Richtig sinnvoll kann das Tagelicht aber nur dann genutzt werden, wenn schon die Architektur darauf ausgerichtet ist. „Tageslichtplanung“, sagt Brandi, „war immer eine Kompetenz der Architekten, wie man schon am Pantheon in Rom ablesen kann. Seit der Einführung der Elektrizität ist das Licht aber immer mehr Sache von Elektroningenieuren geworden“ – mit verheerenden Konsequenzen für die Architektur. Da wurden Bürohäuser mit so großen Raumtiefen geplant, dass die Nutzer an allen Tageszeiten auf Kunstlicht angewiesen sind. Oder die Räume sind zu niedrig ausgelegt – mit gleichem Ergebnis. Vollflächige Glasfassaden sind nach Ulrike Brandi auch kein Allheilmittel – schließlich kann ein Raum auch zu viel Sonnenlicht bekommen und sich aufheizen, von Blendeffekten ganz zu schweigen. „Berücksichtigt man das Licht, ist die Idee unverständlich, dass alle Seiten eines Bürohauses gleich aussehen müssen, wie bei den meisten Hochhäusern“, sagt sie. Logisch und kostengünstig wäre es dagegen, großflächige Glasfassaden nur nach Norden zu installieren, nach Süden und Westen dagegen Lochfassaden. Dass Tageslicht und damit die monatliche Stromrechnung auch bei Wohnhäusern schon durch die Architektur optimiert werden können zeigt ein aktuelles Projekt aus Berlin. Der Architekt Arno Brandlhuber errichtet dort in einer Baulücke ein gemischtes Büro- und Wohngebäude, das relativ geringe Raumtiefen aufweist, sich zur Straße und nach Süden hin verschlossen gibt und auf der dunkleren Hofseite mit großen Glasfenstern aufwartet. Sogar das Dach würde dem Sonnenstand angepasst. Um ausreichend Licht in den Hof zu bringen wurde es nach hinten angeschrägt – für helles Licht ohne Stromrechnung. Christian Tröster