GG Grund Genug, Juni 2012
Das Forum Museums Insel wird endlich eine Lücke in Berlin Mitte schließen: Zwischen Monbijoupark, Oranienburger Straße und Tucholskystraße entstehen Mietwohnungen in historischer Bausubstanz, dazu Geschäfte, Restaurants, ein Hotel und ein Museum. Das Projekt, dessen erster Teil ab Frühling 2013 fertig gestellt sein wird, umfasst acht Gebäude aus drei Jahrhunderten. Die Berliner Architekten Patzschke und Sir David Chipperfield haben Großes vor.
Text: Christian Tröster
Es ist ein Architekt, der die Situation auf den Punkt bringt: “Das ist das allerbeste, was man in Berlin Mitte haben kann”. Gemeint ist das Simon Palais an der Spree und mit ihm das Forum Museumsinsel. Das Lob kommt von einem, der es wissen muss. Jürgen Patzschke ist bekennender Berliner, er hat zusammen mit seinem Bruder Rüdiger das Hotel Adlon errichtet und baut nun auf dem Forum Museumsinsel. Und tatsächlich, die Lage könnte besser nicht sein: Nur einen Steinwurf vom Bodemuseum, in fußläufiger Entfernung zum Reichstag, zu den Hackischen Höfen, zum Galerienviertel, und dazu noch einen direkten Bezug zum Wasser. Es ist das letzte große Sahnestück in der Mitte Berlins.
Lange lag das Areal in einem Dornröschenschlaf. Nun aber wird es aufpoliert, allerdings langsam, sorgfältig und respektvoll, so wie es die historische Architektur am Ort erfordert. “Wir sind froh”, sagt Jürgen Patzschke, dass nichts abgerissen wird. Da stehen wir voll hinter unserem Bauherren. Ernst Freiberger hat eine Sensibilität wie nur wenige, dazu einen großen Gerechtigkeitssinn. Das ist ein grundsolider Mann mit einer grundsoliden Firma”. Glück gehabt, Berlin. Die Stadt hat auch schon andere Investoren gesehen. Oder gar keine, wie hier am Ufer der Spree, wo nach der Wende erst mal gar nichts geschah. Die historische Bausubstanz zwischen Monbijoupark, Oranienburger und Tucholskystraße verfiel. Belebt war das Areal nur gelegentlich und vor allem nachts durch die legendären Clubs “WMF” und “103”. Tagsüber aber verdeckte DDR-Grauputz die architektonische Qualität von sieben Gebäuden aus drei Jahrunderten. Nur Ernst Freiberger hatte sich schon vor zehn Jahren hier engagiert. 2007 konnte er vom Liegfenschaftsamt einen weiteren Teil des Geländes erwerben und mit den Planungen beginnen. Dass sie langsam vorangingen ist auch der Lage gegenüber der Museumsinsel zu verdanken, die zum UNESCO Weltkulturerbe zählt. In der Umgebung schauen die Denkmalschützer besonders genau hin. Doch bei den von Freiberger engagierten Architekten brauchten er sich keine Sorgen zu machen. Die Patzschkes sind bekannt für ihren klassisch-traditionellen Baustil. Dazu kommt der Brite David Chipperfield, der für einen monumentalen Minimalismus steht und der mit dem Neuen Museum gegenüber schon bewiesen hat, wie respektvoll man eine historischen Ruine in die Gegenwart hinüberretten kann. Das Flair seiner Architektur, zusammen mit der klassischen Formensprache seiner Berliner Kollegen, wird das Quartier prägen. Geplant sind Hotels und Wohnungen, Büros, Gastronomie und Einzelhandel. Dazu kommen, in dem ehemals verschlossenen Areal eine Markthalle, die von Feinkost Käfer betrieben wird und ein Museum der Mobilität, in dem Ernst Freiberger einen Teil seiner Oldtimersammlung und wechselnde Kunstausstellungen zeigt. Mit dieser Mischung von Funktionen und Institutionen soll das Forum sich ab 2014 ein offenes und belebtes Viertel verwandeln – so, wie es der eleganten, urbanen Lage entspricht.
David Chipperfield ist dabei mit dem Umbau der ehemaligen Charité Frauenklinik betraut, einem Werk von Martin Gropius und Heino Schmieden aus dem 19.Jahrhundert. Von dessen historischer Substanz zeugt nur noch ein Turm, der Rest ist im Krieg beschädigt und Laufe der weiteren Geschichte unkenntlich geworden. Chipperfield renoviert den Riegel, stockt ihn auf, erweitert ihn durch einem Querflügel und gibt ihm straßenseitig mit symmetrischer Ordnung seine alte Würde zurück. Dabei werden die neuen Bauteile das Verlorene nicht imitieren, sondern mit archaischen Bogenreihen und sichtbarer Ziegelarchitektur eine eigenständige und kraftvolle Sprache sprechen. Ein neues Staffelgeschoß, das ebenfalls mit geschosshohen Bogenfenstern versehen ist, eröffnet weite Blicke auf die Stadtlandschaft der Spree. In den Bestandsgebäuden sollen die noch vorhandene Gebäudestruktur sowie Motive wie Oberlichter, Gewölbedecken und Gussstützen weitestgehend erhalten und in das Raumkonzept integriert werden. Der englische Baumeister ist zugleich verantwortlich für einen angrenzenden Riegel aus der Bauhauszeit, den er behutsam für Stadtwohnungen und Geschäfte modernisiert.
Parallel dazu kümmern sich die Patzschkes um das ehemalige Haupttelegraphenamt – einen neo-barocken Bau aus dem frühen 20.Jahrhundert. “Vom Volumen her macht dieses Gebäude zwei Drittel der Fläche aus”, berichtet Jürgen Patzschke, und schwärmt von der historischen Monumentalordnung, dem rustizierten Sockel und den mächtigen Säulen. “Mit unserer Renovierung gehen wir nahe heran an die Epoche seiner Entstehung heran und renovieren die Fassade so, dass sie in altem Glanz erstrahlt”. Aus der gleichen Dekade stammen auch die beiden Wohnhäuser mit direktem Bezug zur Spree. Das neoklassizistische Simon-Palais und die barockisierende Residenz Monbijou werden mit viel Liebe zum Detail zu exklusiven Wohnungen umgebaut – ursprünglich hatten beide Gebäude zur Humboldt-Universität und zur Charitè gehört. Weiterhin geören zum Areal noch das expressionistische Fernsprechamt – nicht zu verwechseln mit dem Haupttelegrafenamt – und ein Logenhaus aus dem 18.Jahrhundert. Sie alle sollen zu einem stimmigen Ensemble zusammengebunden werden und das Quartier endlich vitalisieren. Sogar die Politik, sonst gerne einmal uneins, ist von der Entwicklung des Forum Museumsinsel begeistert. Vom Baustadtrat Ephraim Gothe von der SPD bis zu den Grünen und Linken begrüßten sämtliche Fraktionen des Bezirks die Pläne. Und Bürgermeister Klaus Wowereit adelte das Vorhaben als “das wichtigste Projekt zur Entwicklung der Mitte”.